Schreiben fürs Web

“Gut” schreiben fürs Web hätte ich eigentlich formulieren sollen, denn die Qualität zählt absolut. Also denn, dann gehen wir mal ran an das Schreiben fürs Web. Es ist ein megaspannendes Kapitel des Content-Marketing… Isn’t it?

Wir schreiben so viel fürs Web: Blog-Postings, Fachartikel, Warengruppentexte, Produktbeschreibungen…

Geht es Ihnen nicht auch so: Wenn man sich mal so umsieht, dann findet man auf so vielen Webseite so langweilige oder gestelzte Texte, dass einem wirklich schlecht werden kann davon. Wer soll das lesen? (Und wer wurde da nur zum Schreiben fürs Web verdonnert?)

Wenn Menschen und Suchmaschinen keinen Gefallen an den Texten finden… dann sind sie wirklich überflüssig. Lassen Sie uns also eine Lanze brechen für ein besseres Schreiben fürs Web! Bessere Texte für die Menschen. Bessere Texte für die Suchmaschinen!

Hier und heute nun mein kleiner Leitfaden für ein besseres Schreiben fürs Web.

Mein Leitfaden: Gut Schreiben für ein besseres Web!

Vergessen wir mal gleich die schlimmen SEO-Texte, die nur mit Keywords abgefüllt sind und schon beim ersten Anblick Augenkrebs verursachen. Wichtiger sind die mittelmäßigen und die schon fast guten Texte, denn denen ist noch zu helfen. Und wie das geht, das wollen wir heute erfahren.

Kleine Happen für große Taten: Die Gliederung dieses Artikels

  1. Warum die Menschen online völlig anders lesen (und warum das gut ist)
  2. Der Schreibstil
  3. Die Hauptüberschrift
  4. Der Anrisstext (oder auch Teaser genannt)
  5. Die Einleitung
  6. Die Zwischenüberschriften
  7. Die wichtigen Dinge: Fetten, Unterstreichen & Co.
  8. Die Summary
  9. Die Eye-Candy
  10. Die Checkliste

1. Warum die Menschen online völlig anders lesen (und warum das gut ist)

Sind wir uns darüber einig: “Wir alle haben zu wenig Zeit”? Wenn wir auf einer Webseite auf einen text treffen – am Ende noch wenn wir grade auf der Suche nach einer Lösung sind – haben wir dann die Muße, den Text in seiner ganzen Länge und Schönheit Wort für Wort zu konsumieren und uns an den literarischen Verrenkungen zu erfreuen, denen der Autor an einem langen Abend erlegen ist?

Nein. Nein, mein Freund! Diese Ruhe haben wir nicht. Unser Auge begibt sich im Tiefflug über Worte und Sätze und sucht in Zwischenüberschriften nach Verwertbarem und Aussagekräftigem. Es sucht nach auffälligen und hervorgehobenen Worten, die in der Gesamtheit einen Sinn ergeben und unser Gehirn baut daraus die Story, die womöglich und hoffentlich in dem Text stecken mag.

Treffen wir die Kerninformationen? Oder rutschen wir auf der breiigen Wortmasse aus? Ist der Text sinnvoll gegliedert, fällt uns das Scannen des Textes leicht? Und das ist es auch, was einen guten Text ausmacht: Er ist für das Auge leicht konsumierbar. Haben Sie es bemerkt? Die gefetteten Worte ich diesem Absatz? Sie haben die Botschaft aufgenommen – obwohl Überschrift und Einleitung etwas ganz anderes vom Stapel gelassen haben… Ja, es funktioniert gut, nicht wahr?

Aber das Auge des heutigen Menschen ist ja für jede Erleichterung so dankbar. Jede Gliederung (wir haben hier auch eine) und jede Checkliste, jede Auszeichnung einer Textstelle. Eben alles, was die Bleiwüste in eine Oase verwandelt.

Komplizierte Sachverhalte lassen sich mit Fotos, Bildern und Grafiken oft sehr leicht in eine anschauliche Form bringen. (#01)
Komplizierte Sachverhalte lassen sich mit Fotos, Bildern und Grafiken oft sehr leicht in eine anschauliche Form bringen. (#01)

2. Der Schreibstil

In einem Satz? Schreiben Sie im IKEA-Stil! Den IKEA-Katalog haben Sie sicher schon mal in der Hand gehabt, oder? Also. Keine langen Sätze. Ein Nebensatz maximal. Den Germanisten lassen wir zuhause. Wer schnell lesen muss, braucht kurze, leckere Sätze. Maximal einen Nebensatz und gut ist.

Schreiben fürs Web heißt auch immer: Auf alle literarischen Verrenkungen zu verzichten. Schnell auf den Punkt zu kommen, ist wichtig. “Nach dem sanften Ausgleiten berührten die kraftvollen und gummibereiften Füße des Urlaubsfliegers vergleichsweise unzart den ruppigen Boden des Airports.” geht besser: “Die Landung war hart.”. Sofort weiß der Leser, was gemeint ist.

Die Damen und Herren der schreibenden Zunft haben so ihre Vorlieben. Bestimmte gewohnte Worte gehen nur zu gerne immer wieder über die Lippen und aus der Feder und schlüpfen zwischen die Worte. Oftmals sieht man selbst nicht, was das Unterbewusstsein da angerichtet hat. In solchen Fällen empfiehlt sich das Lektorat durch einen Kollegen, dem die gewohnheitsmäßig eingefügten Worte und Redewendungen schnell auffallen. Er rupft das Unkraut schnell aus dem literarischen Rasen und lässt dem Text wieder Luft zum Atmen.

Konjunktive und Hilfsverben sind etwas für den Deutschlehrer. In einem flüssig zu lesenden Text haben sie wenig verloren, denn: Sie verringern die Lesegeschwindigkeit des Nutzers und verschlechtern damit das Leseerlebnis.

Statt “Könnten Sie eventuell auf den nebenstehendenden Button klicken? Sicher würden Sie sich über das sich öffnende Fenster freuen, das Sie unseren Newsletter abonnieren lässt. Sie dürften es nicht bereuen.” schreiben Sie lieber “Klicken Sie auf diesen Button um mit unserem Newsletter kein Sonderangebot mehr zu verpassen.”. Selbstsicher ist er, der erfolgreiche Schreiberling fürs Web. Und die erfolgreiche Schreiberin ebenfalls.

3. Die Hauptüberschrift

Die Hauptüberschrift dient zwei Herren: Dem Leser und der Suchmaschine. Dem Leser gibt sie einen guten Grund, den Artikel mit dem Lesen zu beginnen. Der Suchmaschine teilt sie mit, was im Text erwartet werden darf. Schreiben fürs Web heißt hier auch, mit sehr viel Sorgfalt an das Formulieren der Überschrift heranzugehen.

Es gab da so eine Zeit im Internet, in der es üblich war, in der Überschrift Drama zu versprechen und im Text dann Hinterhof zu liefern. “Er rette das kleine Kind vor dem Ertrinken – doch was die Mutter dann zu ihm sagte, das glaubst du mir nie!” – und so ähnlich klangen damals die Headlines. Schreiben fürs Web geht anders, denn sowohl Google als auch die Leser von heute stehen nicht auf Clickbaits dieser Machart. Dazu kommt, dass derlei Headlines mittlerweile von Algoritmen erkannt – und entsprechend disqualifiziert werden.

4. Der Anrisstext (oder auch Teaser genannt)

Im Anrisstext oder Teaser führt der Schreiber fürs Web in kompakter Form einen oder mehrere gute Inhalte aus dem Text an. Der Anrisstext wird auf Übersichtsseiten und im Newsfeed angezeigt. Wenn der Anrisstext unter dem Beitragsbild für den Text wirbt, dann sollte der Leser Geschmack an ihm finden und bereits erahnen können, was ihn im Text Leckeres erwartet.

Statt epischer Länge und gekonnter Eloquenz bietet sich ein “Mit diesen fünf Tipps stehen Sie jedes Bewerbungsgespräch durch!” an. Natürlich müssen Sie dieses Versprechen später auch halten. Gefrustete Benutzer können sonst zur Furie werden und stellen jede Teenie-Zicke in den Schatten. Greifen Sie auch das Bild zum Artikel auf und die Headline. Präzisieren und ergänzen Sie. Vor allem aber machen Sie neugierig auf etwas Wunderbares, das dann folgen wird.

5. Die Einleitung

Eigentlich haben Sie doch im Anrisstext schon alles Einleitende gesagt, oder? Was also bleibt noch übrig? Nun, da wären alle Erklärungen, die das Verständnis und das Einordnen des nachfolgenden Textes erleichtern. Wenn es sich um ein Advertorial handelt ( Sponsored by Kunde ), bietet es sich an, hier darauf aufmerksam zu machen. Geben Sie hier auch an, warum und für wen der Inhalt Vorteile bringt – und auch welche.

Gerade im B2B-Bereich bietet sich eine Zusammenfassung an. Der Leser kann so prüfen, ob der nachfolgende Text ihn weiterbringen wird oder nciht. Das spart Frust. Keine Sorge. Wenn Ihr Text wichtige Informationen birgt und Sie anständig darauf aufmerksam gemacht haben, wird er Leser bekommen. Nicht alle werden fliehen.

Infografik: 4 Wege zu neuen Content-Ideen für Deinen Blog und Co - so ist das Schreiben fürs Web garnicht so schwer!
Infografik: 4 Wege zu neuen Content-Ideen für Deinen Blog und Co – so ist das Schreiben fürs Web garnicht so schwer!

6. Die Zwischenüberschriften

Hatte ich bereits erwähnt, dass die Zwischenüberschriften das Silbertablett für eine Summary sind? Nein? Dann will ich es jetzt sofort nachholen – und ein Beispiel geben. Stellen Sie sich mal die Vita eines berühmt-berüchtigten Schauspielers vor. Oberhalb eines jedes Kapitels lesen Sie …

  • Kapitel 1
  • Kapitel 2
  • Kapitel 3
  • Kapitel 4
  • Kapitel 5

Das klingt total verlockend und wenn Ihr Auge das Ganze überfliegt, spüren Sie den Reiz eines jeden Kapitels auf der Haut kribbeln, oder? Wie wäre es stattdessen hiermit?

  • Die wilden Jahre
  • Gegen den Boss
  • Im Sumpf von Chicago
  • Die Sache mit Oberon
  • Conchita lässt nicht locker

Ich wette, beim Lesen lief in Ihrem Kopf bereits Kino – und kein schlechtes. Machen Sie es mit Ihren Lesern genauso. Legen Sie gute Kassetten ein und lassen Sie die Damen und Herren zum Popcorn greifen.

Sie glauben mir nicht? Machen Sie die Probe aufs Exempel. Legen Sie zehn Lesern Ihren Text mit der ersten Variante vor und zehn anderen Lesern die zweite Variante. Sie werden sich wundern!

Hach ja… Schreiben fürs Web kann so unterhaltsam sein.

7. Die wichtigen Dinge: Fetten, Unterstreichen & Co.

So ein Text sollte dem Auge immer Abwechslung bieten. Zeichnen Sie wichtige Begriffe und Aussagen aus. Fetten, Unterstreichungen und Kursives sind probate Mittel hierfür. Lässt Ihr Redaktionssystem eine Infobox zu? Dann nichts wie hinein damit. Kleine Goodies sind dort besser aufgehoben als im Nebensatz. Jede hilfreiche Infobox erheischt den Dank des Lesers. Zu Recht, wie ich finde!

Mit Schriftfarbe, Schriftgröße und Hintergrundfarbe wäre ich vorsichtig. Da geht sehr schnell das gepflegte Erscheinungsbild des Online-Magazins oder der Webseite verloren. Vergessen Sie nicht die Fotos und Grafiken zur Illustration… Und eventuell hält man im Redaktionssystem für genau diese Zwecke einige vorbereitete Auszeichnugnen bereit.

Ein Klassiker sind Zitate: < blockquote > Zitat < / blockquote > – hier kommt der WordPress-gewohnte Schreiber fürs Web durch…

8. Die Summary

Rekapitulieren Sie nochmals, was zuvor ausgeführt wurde. Fassen Sie sich kurz und geben Sie dem Leser dann vor, was er nun zu tun gedenken sollte. Call-to-Action heißt das auf Neudeutsch. Hier ein Beispiel in Form einer Liste:

  1. Lesen Sie mehr über das Schreiben fürs Web: SEO-Texten leicht verständlich erklärt.
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  3. Teilen Sie den Beitrag auf Fatzebuck.
  4. Lassen Sie uns einen Kommentar hier und sagen Sie uns, was Sie vermisst haben und was Sie erfreute.
  5. Kommen Sie morgen wieder.
Komplizierte Sachverhalte lassen sich mit Fotos, Bildern und Grafiken oft sehr leicht in eine anschauliche Form bringen. (#02)
Komplizierte Sachverhalte lassen sich mit Fotos, Bildern und Grafiken oft sehr leicht in eine anschauliche Form bringen. (#02)

9. Die Eye-Candy

Komplizierte Sachverhalte lassen sich mit Fotos, Bildern und Grafiken oft sehr leicht in eine anschauliche Form bringen. Die Preisentwicklung für Thunfisch im letzten Jahrzehnt kommt als Chart klar und transparenter rüber denn als Text. Die Liste der Schwarzmeeranrainerstaaten liest sich schwer – und wird auf einer Karte easy konsumierbar und prägt sich ein. Die Namen der Länder sollten natürlich eingezeichnet sein…

Bei komplexen Storys kann eine Mindmap helfen und ein längerer Abschnitt kann mit Moodbildern treffend verstärkt und gegliedert werden. Der Leser verhungert dann nicht so schnell, kann er sich doch an dem leckeren Brocken zwischendurch ein wenig ergötzen.

10. Die Checkliste

Helfen soll sie. Helfen beim Schreiben fürs Web. Sie fasst hier nicht nur zuammen. Die Checkliste ergänzt auch aufs Trefflichste.

Die perfekte Überschrift

  • Die Leserschaft adressieren
    Haben Sie die Überschrift auf die Persona(e) ausgerichtet?
  • Klarheit schaffen
    Ist der Text womöglich zu tekkie gewürzt? Was kann raus? Was muss bleiben?
  • Genügend Emotion?
    Ohne geht es nicht. Wie haben Sie beim Schreiben fürs Web Emotion in den Text einfließen lassen? Und welche?
  • Wird die Intention deutlich?
    Sagt die Überschrift, was der Text geben wird?
  • Interesse wecken?
    Was verspricht die Überschrift? Was aus der Lebenssituation der Zielgruppe wird aufgegriffen?
  • Juicy headline
    Ist die Überschrift Einzelkämpfer? Spielt sie mit Unterübershrift und Anrisstext im Team? Spielen die drei sich den Ball abwechselnd zu?

Die gute Unterüberschrift

  • Der Nachbrenner
    Verstärkt die Unterüberschrift die Hauptüberschrift? Kennen die beiden sich überhaupt?
  • Fokussieren
    Führt die Unterüberschrift von der Hauptüberschrift zum Text?
  • Anschieben
    Drängt die Unterüberschrift den Leser in die Einleitung? Bremst sie eher?

Die Einleitung

  • Speedy
    Übernimmt die Einleitung den Schwung aus Hauptüberschrift und Unterüberschrift und führt sie den Leser in gleicher Geschwindigkeit weiter?
  • Einstieg
    Beginnt die Einleitung locker und flüssig?
  • Push
    Kann die Einleitung vom ersten Satz an den Leser binden und zum Bleiben veranlassen?
  • Auswahl
    Hilft die Einleitung (und ggf. die Gliederung) bei der Auswahl der benötigten Content-Portion (Alles, ein bestimmter Teil…)

Narrative Zwischenüberschriften

  • Easy going
    Gliedern die Zwischenüberschriften den Text in kompakte und etwa gleich große Partien?
  • Story
    Bilden die Zwischenüberschriften eine eigene Storyline zum Scannen?
  • Aussagekraft
    Stehen die Zwischenüberschriften für das im Text Folgende?

Fazit

  • Höhepunkt
    Nehmen Sie zum Textende hin nochmals auf die Überschrift Bezug? Oder hört alles einfach nur plötzlich auf?
  • Zusammenfassung
    Tragen Sie aus jedem Abschnitt das Wichtige zusammen?
  • Call-to-Action
    Teilen Sie dem Leser direkt mit, was er nach dem Lesen des Textes tun soll?

Sprachwahl

  • Make or Break: the Brand Voice
    Wie interagiert der Text mit den anderen Texten des Unternehmens (online/offline)?
  • Ansprache
    Wie sprechen Sie die Leser an? Per Du? Per Sie??
  • Check
    Wie klingen die Sätze bei nochmaligem Lesen? (am nächsten Tag / für einen Kollegen)
  • Straight and true
    Haben Sie Bullshit-Bingo, Techsprech und Stereotypen vermieden? Sprechen Sie klar, knapp und direkt?
  • Proofs
    Was geben Sie dem Leser als Proof für Ihre Aussagen? Haben Sie Fakten, Beispiele, Case Studys, Kundenmeinungen?

Infografik: © Schwarzer.de
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